3. September Nachmittags nach dem Unterricht
Hermine » Ron » Harry
Die Sonne stand tief am Himmel und doch glitzerte sie noch auf der Oberfläche des Sees und von dem Brombeersträuchern, die dicht am Ufer wucherten, strömte Harry ein verführerischer Duft in die Nase. Unbewusst pflückten seine Finger immer wieder eine der schwarzblauen Früchte, beträufelten sie mit etwas Wasser aus der Spitze des Zauberstabs und beförderten sie anschließend in Harrys Mund.
Seit er zurück war, begann Harry die Welt um sich herum wieder wahr zu nehmen, Erinnerungen an die Tage in den Sommerferien verblassten zu einem grauen, dunstigen Nebel.
Hier in Hogwarts verlor sich die Schwermut, die sich nach Sirius Tod auf sein Herz gelegt hatte, wieder ein bisschen. Es war, als fühlten sich die Sonnenstrahlen, die über seine Haut tanzten noch wärmer an, Gerüche, die er vor Tagen noch nicht einmal wahrgenommen hatte, zauberten ein zartes Lächeln auf seine Lippen. Und dabei hatte Harry bis vor vor einer Woche noch geglaubt, dass sein Mund verlernt hatte zu lächeln, kaum das Sirius hinter den Vorhang gefallen war.
Hinter den Vorhang gefallen – nicht nur in Harrys Kopf klang diese Formulierung idiotisch. Es war idiotisch. Er ist tot und nicht einfach irgendwo hinter gefallen. Niemals würde er ihn wieder sehen, sein schiefes Lachen, niemals würde seine warme, große Hand die seine umfassen und er würde Harry kaum weitere Tipps geben können, wie er endlich Ginny für sich gewinnen konnte.
Tipps, die er, wenn es nach Hermine ging, sowieso niemals hätte annehmen dürfen.
Harry schmunzelte und verzog gleich darauf das Gesicht, als er dieses Mal eine besonders saure Frucht erwischt hatte.
Von weitem hörte er ihre Stimme, er konnte kein Wort verstehen und doch merkte er schon an der Art wie sie sprach, dass irgendetwas sie aufgeregt hatte. Er warf einen Blick über die Schulter zurück, blinzelte kurz, weil sich seine Augen erst an das matte, rosastichige Licht gewöhnen musste und machte seinen beiden Freude nur noch wenige Schritte von ihm entfernt aus.
Ein dumpfes Gefühl, wie schlechtes Gewissen, pochte ganz leise hinter seinen Schläfen, aber Harry gab ihm nicht nach. Sein Impuls aufzuspringen, zu ihnen zu laufen und sich zu entschuldigen, dass er so zu ihnen war, wie er im Moment war, versiegte, wie er der Wasserstrom der auch die nächsten zwei Früchte vom Gröbsten Dreck gereinigt hatte.
Hermines und Harrys Blicke trafen sich, dann wandte er sich wieder dem See zu. Er wusste, dass ihre Schritte sie auch ohne sein Dazutun in seine Richtung führen würden. Weil es schon immer so war, seit nun mehr 6 Jahren und so sehr er auch dagegen ankämpfte, so sehr er auch versuchte, das kleine Lächeln von eben, kämpfte sich tapfer nach oben und nistete sich in seinen Mundwinkeln ein.
Dort verweilte es auch, als eine Jeans leise knirschte und Gras neben ihm raschelte.
„Hey“, mumelte Harry in die Stille und seltsam fremd klang seine eigene Stimme für ihn. Wieder folgte nur ein kurzer Seitenblick auf Ron, dann auf Hermine, bevor er wieder auf die glitzernde Wasseroberfläche sah.